Jonas Lüscher
[Schriftsteller]
stellt seinen Roman Verzauberte Vorbestimmung [2025] vor.
Moderation: Sabrina Schiffer und Jürgen Keimer
Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit den Studierenden Jessica Lanert, Elias Grebing, Sabrina Schiffer, Paula Kürschner, Sven Wolski, Desiree Lengert, Anna Sophie Lindner und Anna-Sophie Althoff von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld geplant und ausgearbeitet.
(Samstag, 30. August 2025 / Beginn: 15.30 Uhr / Ort: AQUA MAGICA-Park / Lesungen und Gespräche am Nachmittag)
Zu seinem neuen Roman Verzauberte Vorbestimmung erklärt Jonas Lüscher in einem Verlagsgespräch folgendes: »Die Arbeit an dem Buch wurde von meiner schweren Coronaerkrankung unterbrochen, ich lag für sieben Wochen an diverse Maschinen angeschlossen im Koma. Es wäre intellektuell nicht redlich, danach ein Buch über Mensch-Technik-Beziehungen zu schreiben, ohne zuzugeben, dass man sein Überleben nur der Technik zu verdanken hat, und ohne darüber nachzudenken, was es mit einem macht, wenn man einige Zeit als Cyborg gelebt hat.« So lässt sich der Roman dann auch lesen als eine Auseinandersetzung über die Beziehung zwischen dem Menschen und der von ihm erschaffenen Technik, wie eine Dialektik des Fortschritts im positiven wie negativen Sinn. Das ist auch der Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Handlungsepisoden und Erzählsträngen, die der Roman seinen Lesern wie eine gut gefüllte Wunderkammer anbietet.
Berichtet wird von einem aus Algerien stammenden französischen Infanteristen, der im Ersten Weltkrieg einfach das Schlachtfeld verlässt. Von Ferdinand Cheval, Briefträger eines südfranzösischen Dorfes, der jahrelang Steine gesammelt und damit sein »Palais Idéal« mühsam aufgebaut hat. Von dem deutschen Schriftsteller Peter Weiss, der ein halbes Jahrhundert später in dieses Dorf reist. Von der Rebellion böhmischer Weber vor 200 Jahren gegen den Einsatz technischer Webstühle, die die menschliche Arbeitskraft vernichten, im tschechischen Varndorf, wo wiederum Weiss in den 1930er Jahren gelebt hat. So geht es weiter bis in die Zukunft, in der reiche Ägypter ihr Gehirn mit dem Weltwissen verknüpfen lassen, um es nach ihrem Tod samt Bewusstsein und Erinnerungen in einen neuen Körper einzupflanzen, um so Unsterblichkeit zu erlangen. Lüscher verwebt eine Erzählung mit der anderen, stellt sowohl Übermut aber auch drohende Armut beim Umgang des Menschen mit der Technik dar, und lässt schließlich eine der ans Weltwissen Angeschlossenen zu folgendem Befund kommen: «Nichts, was geschehe, keine Erfahrung, keine Begegnung könne wirklich von Bedeutung sein, solange sie ihr nicht mit dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit geschehe».
Jonas Lüscher wurde 1976 in der Schweiz geboren. Gleich mit seiner ersten Erzählung Frühling der Barbaren erreichte er große Aufmerksamkeit als Schriftsteller. Sein zweiter Roman Kraft wurde mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet. Für Verzauberte Vorbestimmung erhält er Ende September den mit 11.111 Euro und 111 Flaschen Riesling dotierten Rheingau Literatur Preis.
»Wenn es einen Roman gegen den galoppierenden Irrsinn der Zeiten braucht, dann diesen. […].
Jonas Lüscher hat einen gewaltigen Roman geschrieben, der das Denken wieder ins Nadelöhr des eigenen Lebens fädelt.«
[Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung]

Peter-Andreas Hassiepen