Jan Wagner
[Schriftsteller, Essayist, Übersetzer]
stellt seinen Gedichtband Steine & Erden [2023] vor.

(LYRIK-ABEND: Freitag, 29. August 2025 / Beginn: 19.30 Uhr / Einlass: 18.45 Uhr / AQUA MAGICA-Park)

 

»Wer Gedichte schreibt, bleibt ewig jung.
Und wer sie liest, auch.«
[Jan Wagner]

Wer den jüngsten Gedichtband von Jan Wagner liest, kann der oben zitierten Aussage, bei der es sich um die letzten beiden Sätze der Bamberger Poetikvorlesungen von Jan Wagner handelt, nur zustimmen. Auch der schmale Band Steine & Erden quillt wieder über von geradezu kindlicher Freude und unablässiger Neugier bei der lyrischen Wahrnehmung der alltäglichsten und scheinbar unwesentlichsten Dinge und Gegenstände. In dieser Bescheidenheit gleicht Wagner einem seiner dichterischen Vorbilder, dem polnischen Lyriker Zbigniew Herbert. Ob reifen oder wespen, karotten, ein glas milch, tanzstunden, toastbrot, der norden oder flamingos, ein panther, grüner spargel, eine krücke oder ein streichholz – alles ist es Wert, von Jan Wagner wahrgenommen und in Dichtung verwandelt zu werden.

Die letzte Zeile in seinem Gedicht das reisen in zeiten der pest endet mit einer Frage, die der Dichter sich selbst wie seinen Leserinnen und Lesern stellt, sie lautet: »und wird die erde reichen für uns alle?« In dieser Frage spiegelt sich die Quintessenz des ethischen Gehalts der Dichtung von Jan Wagner: Nicht der Mensch ist die Krone der Schöpfung, sondern das Leben an sich, das sich selbst in den winzigsten Lebewesen und Gegenständen unserer Erde kundtut. Wagners Blick auf die Welt, der noch im Kleinsten das Größte entdeckt, füllt seine Gedichte mit einem poetischen Lebenssinn, der das Leben als solches fast ausschließlich bejaht. Die spielerische Leichtigkeit seiner Dichtung drückt sich zudem in witzigen wie überraschenden Umschreibungen aus, mit der Wagner seine Wahrnehmungen zu Papier bringt. Da ist etwas »schwanenlilienneuschneeweiß«, man fühlt sich zurückgesetzt in »thermoskannentage«, der Dichter beobachtet ein »backfischrouge auf unschuldswangen«, sieht eine »gummiakropolis« oder »meerkastagnetten« und hört ein »hängemattenstöhnen«.

»Was mich wirklich glücklich macht, ist das Gelingen eines Gedichts«, sagte Wagner vor Jahren in einem Interview. Für dieses Gelingen erhielt er als erster Dichter überhaupt 2015 den Preis der Leipziger Buchmesse und wurde zwei Jahre später mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Heute lebt der 1971 in Hamburg geborene Wagner mit seiner Familie in Berlin.

»Jan Wagner ist ein Virtuose der Wahrnehmung, dazu Besitzer eines Wortschatzes, der den Leser nach Luft schnappen lässt. […]
Wagners Lyrik löst die Wörter aus dem üblichen gebrauch, knüpft Bildernetze und sorgt für ungewohnten Sinn.
Soviel Schönheit besitzt die Welt, und jeder gelungene Text fügt ihr noch etwas hinzu.«
[Gisela Trahms, Tagesspiegel]


Nadine Kunath

Jan Wagner