Michael Krüger

Bücher u.a.: Wo die Vögel sich trafen [zusammen mit Erika Hegewisch; 2022]; Im Pantheon der Spinnen [zusammen mit Karl Schleinkofer; 2021]; Was in den zwei Wochen nach der Rückkehr aus Paris geschah [2022]; Über Gemälde von Giovanni Segantini [2022]; Das Strandbad [2022; vergriffen]

(Die Autorenbegegnung II: Samstag, 26. August 2023 / Beginn: 19.30 Uhr / Einlass: 18.45 Uhr; Lesungen und Gespräche am Nachmittag / Sonntag, 27. August 2023 / Beginn: 14.00 Uhr und Abschlussveranstaltung/Das Autorenporträt II: Italo Calvino zum 100. Geburtstag / Sonntag, 27. August 2023 / Beginn: 18.30 Uhr)

»Es hat zu regnen begonnen, ich muss das nasse Laub noch eine Weile ruhen lassen; auch die anderen Probleme werde ich nicht lösen können, denn das braucht Zeit in einer Zeit, die ihre Zeit nicht mehr berechnen kann. Das digitale Evangelium soll die Sache einmal richten, von Menschen eingerichtet, die nicht einmal wissen, wie man Schönheit buchtabiert.«
Michael Krüger

Zum fünften Mal ist Michael Krüger nun schon zu Gast bei den Poetischen Quellen und das gleich bei drei Veranstaltungen – und das in einem Jahr, in dem er im Dezember seinen 80. Geburtstag feiern darf. Es sind also auch ein bisschen die Poetischen Quellen für Michael Krüger, von dem auch das Motto das diesjährigen Literaturfestes stammt: „Es gibt noch eine andere Welt“, ein Zitat von ihm aus einem Gespräch mit Matthias Bormuth. Man kann annehmen, dass es auch die Erfahrung einer anderen Welt beim Lesen war, die Michael Krüger schließlich zur Literatur gebracht hat und dass es das Weiterlesen und etwas später dann auch der Beginn des eigenen Schreibens war, die ihn immerfort in noch weitere, größere und faszinierendere Welten entführt haben.

Geboren 1943 im sachsen-anhaltinischen Wittgendorf, hat er unter dem Titel Wo ich geboren wurde ein wunderbares Gedicht über seine Herkunft geschrieben. Es findet sich schon in seinem ersten bei Suhrkamp 2003 erschienenen Gedichtband Kurz vor dem Gewitter und weist damals bereits auf die große, in Zeitlosigkeit gefasste Natur- und auch Menschenverbundenheit hin, die fortan in allen seinen Gedichtbänden zu finden sein wird, wovon meistens auch die Titel Zeugnis ablegen.

In seinem wundervollen Buch über den Maler Giovanni Segantini zitiert Krüger den Kunstphilosophen Konrad Fiedler: »Die Künstler sollen keinen Inhalt der Zeit zum Ausdruck bringen, sie sollen vielmehr der Zeit erst einen Inhalt geben.« Mit seinen neuen Gedichtbänden beabsichtigt Michael Krüger genau das, denn »Noch sind einige Schwalben unterwegs«, so dass die Regel endlich wieder lauten muss »Eine Freundschaft schließen mit der Welt, …« Demgegenüber steht der melancholische Zweifel, den er in seinem Segantini-Buch so formuliert: »Wenn ihr es nicht schafft, die verlorenen Zusammenhänge wieder zu verknüpfen, wird die „Seele“ der Natur sich auflösen und den Tod bringen. Sind wir nicht an diesem Punkt der Erdgeschichte angekommen?« Letzten Endes ist es die Schönheit, auch die Schönheit der Literatur, die unsichtbare Zusammenhänge wieder sichtbar und begreifbar werden lässt.

 


Isolde Ohlbaum

Michael Krüger