Maddalena Vaglio Tanet

[Schriftstellerin]

(Samstag, 24. August 2024 / Beginn: 13.30 Uhr / Ort: AQUA MAGICA-Park / Lesungen und Gespräche am Nachmittag)

Roman: In den Wald [2024]

Maddalena Vaglio Tanet wurde 1985 in der piemontesischen Stadt Biella geboren. Sie studierte Literatur an der Universität von Pisa und der Scuola Normale. Ihre Promotion schloss sie an der Columbia University in New York ab. Neben Veröffentlichungen von Gedichten auf Italienisch und Deutsch, sind von ihr bisher die Bilderbücher Il cavolo di Troia e altri miti sbagliati sowie Casa musica erschienen. Letzteres wurde unter dem Titel Das Haus der Musik auch auf Deutsch herausgegeben. Heute lebt die Autorin mit ihrer Familie in Maastricht und arbeitet als Literaturscout. Mit Tornare dal bosco erschien im vergangenen Jahr ihr Debütroman in Italien. Inzwischen wird er in mehrere Sprachen übersetzt und liegt unter dem deutschen Titel In den Wald rechtzeitig zu den Poetischen Quellen vor.

»Statt in die Schule ging die Lehrerin in den Wald.« Mit diesem Satz beginnt der Roman von Maddalena Vaglio Tanet und das Rätselhafte und die Fragen, die sich daraus ergeben, durchziehen bis zuletzt das ganze Buch. Statt in die Schule geht Silvia, so der Name der Lehrerin, in den Wald und bleibt auch dort. Kurz zuvor hat Giovanna, eine Schülerin von ihr, Selbstmord begangen. Nun machen sich die Einwohner der kleinen italienischen Stadt in den Bergen Sorgen und suchen nach Silvia, die immer tiefer in dem Wald und in ihren Erinnerungen versinkt, bis der kleine Junge Martino, ein Kind aus der Großstadt, beim Durchstöbern des Unterholzes auf sie stößt.

Der Wald selbst ist eine wichtige Figur im Roman, der als sinnbildliche Projektion für die menschlichen Seelenzustände dient: »Als ich auf halbem Wege stand unseres Lebens, / Fand ich mich einst in einem dunklen Walde, / weil ich vom rechten Wege verirrt mich hatte; …« Diese ersten Zeilen Dantes aus der Göttlichen Komödie spiegeln eine Verlorenheit wider, die auch Silvia empfindet. Die verschiedenen geheimnisvollen Züge des Waldes entsprechen den unentwirrbaren menschlichen Gefühlszuständen und Verhaltensweisen. Der Wald ist sowohl ein Raum der Dunkelheit und Furcht, aber eben auch eine Zufluchtsstätte und ein Raum der Freiheit, der Möglichkeiten; ein Ort der Verwirrung wie der Verzauberung, des Verlorenseins wie der Rettung. Wie bei Dante vermittelt der Wald hier aber auch ein Gefühl, sich zwischen der Welt der Lebenden und der Toten zu befinden, die Silvia in Form von Erinnerungen anrufen und bedrücken. Ein Zustand, aus der sie die Freundschaft mit Martino herausholen kann.

»Maddalena Vaglio Tanets Schreibstil ist raffiniert und vielschichtig. Wie die Charaktere haben auch die Orte eine Persönlichkeit, keine geradlinige, sondern eine geheimnisvolle, als ob sie von einer Flüchtigkeit unruhig gemacht werden, die darauf wartet, zu vergehen.«
Sara Gasperini, Rivista BLAM


Marsilio Editori

Maddalena Vaglio Tanet