Ingo Schulze
Bücher u.a.: Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte … [2022]; Tasso im Irrenhaus [2021]
(Donnerstag, 24. August 2023 / Beginn: 19.30 Uhr / Einlass: 18.45 Uhr)
Die Schriftsteller Ingo Schulze und Dževad Karahasan waren eng befreundet und zuletzt im Jahr 2020 sogar erstmals gemeinsam auf dem Podium bei den Poetischen Quellen, im unmittelbaren Anschluss an die Verleihung des Goethe-Preises der Stadt Frankfurt an Dževad Karahasan, bei der Ingo Schulze die Laudatio hielt. Immer wieder führten sie ihre Wege zusammen: So waren beide eingeladen im November vergangenen Jahres gemeinsam die 35. Tübinger Poetikdozentur abzuhalten. Im Januar dieses Jahres organisierte Schulze dann die Feier zu Karahasans 70. Geburtstag mit, die zusammen mit der Buchpremiere des neuen Romans von Karahasan, Einübung ins Schweben, am 25. Januar in der Berliner Akademie der Künste abgehalten wurde. Anschließend begleitete er Karahasan noch zu einigen Leseterminen in Deutschland.
Auch wenn sich das Schreiben von Ingo Schulze nur schwer mit dem Schreiben von Dževad Karahasan vergleichen lässt, so sind die Bücher von beiden jedoch von der Motivation angetrieben, immer wieder auf die Uneindeutigkeit des Lebens und die Wichtigkeit des Zweifelns hinzuweisen. Wie bei Karahasan setzen sich deshalb auch die Protagonisten in Schulzes Werk gegen die Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit einer zeitgeistigen Lebensart ein, die nur noch auf ein alles vereinheitlichendes, monolithisches Denken ausgerichtet ist. „Sie haben bei mir als Erstes gelernt, das Literatur Eindeutigkeiten nicht mag“, legt der 1962 in Dresden geborene und vielfach ausgezeichnete Schulze einem der Protagonisten in seinem Roman Die rechtschaffenen Mörder in den Mund. Und so verbinden sich auch in fast allen seinen Büchern die Tragik und Komik seiner Helden zu dem Vielerlei des Lebens, dessen Würze in den Unterschieden besteht. Schulze selbst wurde dieser Umstand vor allem durch den Fall der Berliner Mauer 1989 und die Auflösung des ehemaligen Ostblocks verdeutlicht, zwei Ereignisse, die als historischer Hintergrund seines Schreibens, sei es Prosa oder Essay, nicht wegzudenken sind.

Gaby Gerster