Hanno Sauer
[Philosoph]
(Sonntag, 25. August 2024 / Beginn: 11.30 Uhr / Einlass: 11.15 Uhr / AQUA MAGICA-Park / Das Sonntagsgespräch – Forum für Demokratie)
Buch: Moral. Die Erfindung von Gut und Böse [2023]
»Es gab immer schon privilegierte gesellschaftliche Gruppen, die ihr skrupelloses Verhalten mit ausgeklügelten Ideologien rechtfertigten, als alternativlos und unvermeidlich darstellten, dessen Folgen verharmlosten oder dessen Opfer dehumanisierten. Wenn wir deren Sicht akzeptieren, über wir keine Toleranz gegenüber kultureller Vielfalt, sondern schlagen uns erneut auf die Seite der Mächtigen, …«
[Hanno Sauer, Moral. Die Erfindung von Gut und Böse]
Hanno Sauer, geboren 1983, studierte Philosophie in Marburg und Frankfurt und promovierte schließlich 2014 an der niederländischen Universität Groningen. Heute ist er außerordentlicher Professor für Ethik und politische Philosophie an der Universität in Utrecht und zählt zu den hervorragendsten jungen Philosophen unserer Zeit, dessen 2023 erschienenes Buch Moral. Die Erfindung von Gut und Böse für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert war.
Moral ist für Sauer die Art und Weise, wie wir zusammenleben. In seinem Buch erzählt er deshalb die Geschichte der Moral – und nicht die der Moralphilosophie – beginnend vor 5 Millionen Jahren bis heute. Erst wenn man sich die Frage stellt, woher die Moral kommt, lässt sich beschreiben, welche Ausformungen sie heute angenommen hat und weshalb sie für manche Gruppen in den letzten Jahren zu einem politischen Kampfbegriff geworden ist.
„Es ist eines meiner Hauptziele in dem Buch, zu betonen, welche absolut unverzichtbare Rolle, unsere kulturelle Entwicklung und unsere Fähigkeit zum sozialen Lernen von anderen spielt. Auch unsere Fähigkeit zur kumulativen Kultur – also zur von Generation zu Generation anwachsenden Kultur im Sinne von Wissensbeständen, Informationen, Fertigkeiten, Know-How, Institutionen und Regelsystemen. Das zeigt, dass wir unheimlich flexible Wesen sind, die in jeder Umwelt auf dem Globus zurechtkommen können. Es heißt, dass wir zu großer Vielfalt in unseren Lebensformen fähig sind. Wir können große und kleine Gesellschaften bauen, reiche und arme Gesellschaften. Wir sind kulturelle Wesen durch und durch. Das ist eine Tatsache, die indirekt durch unsere moralische Natur ermöglicht wird. Denn je besser wir durch Normen und Werte die Fähigkeit erwerben, größere Gruppen zu errichten, in denen wir leben, desto mehr kann es Arbeitsteilung geben, desto mehr kann es Innovation geben, und desto mehr können wir kooperativ an diesem geteilten kulturellen Wissensbestand arbeiten.“
Wie sehr diese kulturelle Entwicklung und damit das Versprechen moderner Gesellschaften von Freiheit und Gleichheit unter Druck geraten und damit auch die Fähigkeit moralischen Handelns infrage gestellt wird, bleibt eine offene Frage. Hanno Sauer ist aber gewiss, dass „die moralischen Werte, die uns verbinden, tiefer gehen als wir glauben, …“

Elisa Prodöhl