Enrico Palandri
[Schriftsteller]
(Samstag, 24. August 2024 / Beginn: 14.30 Uhr / Ort: AQUA MAGICA-Park / Lesungen und Gespräche am Nachmittag)
Roman: Lichter auf der Piazza Maggiore [2024]
Enrico Palandri wurde 1956 in Venedig geboren. Sein Studium der Dramaturgie absolvierte er in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre in Bologna. Dort studierte er auch bei Umberto Eco, lernte den Schriftsteller Gianni Celati (Gast der Poetischen Quellen 2004) kennen und arbeitete mit bei dem Kollektiv des Senders Radio Alice, das sich als Radio der autonomen Bewegung in Bologna verstand. In Bologna spielt auch Palandris erster Roman, der unter dem Titel Boccalone 1979 in Italien erschien. Boccalone, was übersetzt so viel bedeutet wie „Vielredner“, „Quasselstrippe“ oder weniger höflich auch „Schwätzer“, ist im Roman der Spitzname des Ich-Erzählers Enrico. Vor dem Hintergrund der Studentenbewegung und -proteste, die im Frühjahr 1977 in Bologna ihre Höhepunkte erlebten, erzählt Boccalone-Enrico, was ihm in diesem Jahr alles passiert ist. Alles kreist dabei um seine Liebesgeschichte zu Anna, einem Mädchen, dem Enrico zum ersten Mal auf der Piazza Maggiore in Bologna begegnet, wodurch sich auch der deutsche Titel des Romans Lichter auf der Piazza Maggiore erklärt.
„Übersprudelnd, lässig und voller Leben“, so lautete völlig zurecht das Urteil des berühmten italienischen Autors Italo Calvino über diesen Roman, den Palandri im Alter von 23 Jahren schrieb und damit den Beginn der jüngeren italienischen Erzählliteratur markierte. Bis heute hat der Roman immer wieder neue Auflagen erlebt, was nicht zuletzt an der unnachahmlichen, direkten und wahrhaftigen Sprache des Autors liegt, mit der er es versteht, die Chronik der Geschichte zwischen Anna und Enrico mit der Chronik der gewalttätigen Protestbewegungen des Jahres 1977 zu verweben. Letztere stehen im Kontrast zur Aufbruchstimmung der jungen Leute, die voller Lebenslust sind und nach Gegenentwürfen zu den Lebensmodellen ihrer Eltern suchen.
In seinem im vergangenen Jahr erschienenen Buch Sette finestre (zu deutsch: Sieben Fenster) schreibt Palandri: „Vergangenheit und Zukunft, das schwierige Gleichgewicht zwischen dem, was wir nicht mehr sind, und dem, was wir noch nicht sind, und auf das wir unweigerlich das projizieren, was uns in unserer Gegenwart fehlt, sind das Lebenselixier jeder Seite der Literatur.“ Die existentielle Anspannung dieses Lebensgefühls erhellen die Lichter auf der Piazza Maggiore auf jeder einzelnen Seite. Hoffentlich können die deutschen Leserinnen und Leser bald mehr von Enrico Palandri entdecken.
»Vielleicht könnte man ihn mit Erzählern vergleichen, die auf seinem künstlerischen Weg wichtig sind, wie Kundera, McEwan oder Abraham B. Yehoshua, nicht zuletzt wegen der ganz und gar nicht provinziellen Luft, die man in seinem Schreiben atmet und die es uns erlaubt, über die verschiedenen Kleinlichkeiten […], in der wir leben, zu schweben.«
[Roberto Carnero, Avvenire]
Avvenire