Alda Merini
[Schriftstellerin, 1931-2009]
(Samstag, 24. August 2023 / Poetische Quellen in der Innenstadt von Bad Oeynhausen / Colon-Sültemeyer-Brunnen / Beginn: 10.30 Uhr / Eintritt frei!)
Vorgestellt wird Merinis Buch Das Fleisch der Engel [2024] von Ulrike Schimming.
»Ich bin eine halbe Zigeunerin, die nach spontanen Eingebungen lebt; ich folge keiner bestimmten Richtung und keinem Ideal. Einzig der Dichtung bleibe ich treu.«
[Alda Merini, L`amorosa folle corsa della vita]
In Italien ist Alda Merini längst eine Kultautorin. In ihrer oben zitierten Selbstauskunft beschreibt sie ihre Weigerung, sich irgendeiner dichterischen Richtung anzuschließen. Vielleicht liegt es an dieser Freiheit und an ihrem eigenen inneren Rhythmus, die ihr beim Schreiben immer wichtig waren, dass sie bereits zu Lebzeiten zu den bedeutendsten Stimmen der italienischen Poesie zählte.
Merini wurde 1931 in Mailand geboren. Sie war 19 Jahre alt, als zwei ihrer Gedichte in die Anthologie Poesia italiana contemporanea aufgenommen wurden. Das bedeutete ihren Einstieg in die Mailänder Literaturwelt. 1953 erschien ihre von der Kritik gelobte Gedichtsammlung La presenza di Orfeo. Ihre frühe Lyrik, die in einem flüssigen Stil verfasst ist, der der Umgangssprache ähnelt, wird durchzogen von dem Dualismus Körper versus Geist, Irdischem und Göttlichem, Profanem und Heiligem und dem Kontrast zwischen Licht und Dunkelheit.
Aufgrund von Anzeichen geistiger Verwirrung wird sie von ihren Angehörigen in die geschlossene psychische Anstalt Paolo Pini in Mailand gebracht, wo sie von kurzen Unterbrechungen abgesehen die Jahre zwischen 1965 und 1972 verbringt. Die schlimmen Lebensbedingungen in dieser Klinik, bis hin zur Behandlugng mit Elektroschocks, brachten die stimme der Dichterin zum Verstummen. Die grausamen Erfahrungen verarbeitet sie erst ab 1979 in Dichtung und Prosa.
Über Das Fleisch der Engel schreibt die Herausgeberin, „findet Merini auf der Suche nach Unendlichkeit Worte, die wie ein heiliges und verfluchtes Echo widerhallen und aus einem kosmischen Raum zu kommen scheinen: von Schwingungen, Blitzen, Rebellion und Angst durchzogen, und immer von Liebe.“
Alda Merini verstarb im November 2009 in Mailand und erhielt im Mailänder Dom ein Staatsbegräbnis.

Leonardo Cendamo